Commerce

Handel entedeckt den Recommerce

von Sebastian Halm

27.06.2025 Jeder zweite Deutsche kauft oder verkauft Gebrauchtes. Das Ökologische Potenzial des Recommerce ist auch enorm, zeigt eine Studie. Händler springen zunehmend auf den Trend auf.

 (Bild: ChatGPT/Sebastian Halm)
Bild: ChatGPT/Sebastian Halm
Neben P2P-Plattformen haben in den vergangenen Jahren mehr klassische Onlineshops eine Sparte für gebrauchte Artikel ihrer Kunden oder Vintage-Produkte aufgebaut, eine Erweiterung des zuvor meist privatverkäuflich bedienten Handels. Der Onlinehandel ist dadurch eine wichtige Branche geworden, in der Artikel systematisch wieder aufbereitet und wieder in den Markt gebracht werden, Garantie- und Reparaturmöglichkeiten inklusive. 2024 lag der Gesamtumsatz des deutschen Re-Commerce bei 9,9 Milliarden Euro, das ist 7,2 Prozent mehr als im Jahr davor. Das Marktvolumen des europäischen Re-Commerce-Sektors im Geschäftsjahr 2022/2023 wird auf 94 Milliarden Euro (Eurostat) geschätzt. Im aktuellen Jahr wird ein Anstieg auf 120 Milliarden Euro erwartet.

Re-Commerce für Verbraucher längst Normalität

Nachhaltigere Produkte zu günstigeren Preisen haben ein enormes Marktpotenzial, wie eine repräsentative Befragung von 1.903 Konsumentinnen und Konsumenten zeigt: 55 Prozent der Befragten geben darin an, im vergangenen Jahr gebrauchte Produkte online gekauft zu haben. Dem gegenüber steht ein Anteil von 52 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten, die gebrauchte Waren selbst verkaufen ? meist Mode, Bücher und Elektronik. Vor allem jüngere, höher gebildete und einkommensstarke Gruppen kaufen häufiger über Re-Commerce-Plattformen.

Nach der Motivation für den Kauf gebrauchter Waren gefragt, gaben 71,5 Prozent den Wunsch nach mehr ökologischer Nachhaltigkeit an. Genauso wichtig waren aber die günstigeren Preise und das bessere Preis-Leistungsverhältnis im Re-Commerce (jeweils 71,2 Prozent und 66,0 Prozent Zustimmung). Mehr als die Hälfte (54,5 Prozent) der Befragten geben an, sich nach dem Kauf gebrauchter Waren mehr leisten zu können. Die Mehrheit (54,7 Prozent) verwendet die Einsparungen für allgemeine Lebenshaltungskosten. 35,8 Prozent nutzen das freie Geld, um weitere gebrauchte Waren zu kaufen, und 34,4 Prozent sparen das Geld lieber.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sie in den nächsten 12 Monaten nochmals gebrauchte Produkte online kaufen, ist für 76,6 Prozent der Probanden ?hoch?. Zudem sagen 53 Prozent, dass sie zukünftig noch mehr gebrauchte Produkte online kaufen werden, als sie es ohnehin tun. Auffällig ist jedoch, dass Nachhaltigkeit als Motiv für kommende Käufe weniger wichtig wird: Für die Absicht, auch zukünftig gebrauchte Produkte zu kaufen, sind zunächst das Preis-Leistungsverhältnis (? = 0,165), die erweiterten Konsummöglichkeiten (? = 0,165) und der Spaß (? = 0,163) entscheidend, während die geschätzte Wichtigkeit von Nachhaltigkeit (? = 0,131) etwas geringer ausfällt.

Ökologisches Potenzial ist enorm

Der weitaus größte Anteil klimaschädlicher Auswirkungen von Produkten fällt bei der Herstellung an ? bei Elektronikprodukten sind es mehr als 80 Prozent, bei Kleidung über 70 Prozent der CO2-Äquivalente während des Lebenszyklus. Der Kauf von Second-Hand-Produkten hingegen ist deutlich umweltfreundlicher, weil diese nicht von Grund auf neu hergestellt werden. Möglich werden damit Einsparungen von 60 bis 80 Prozent der CO2-Äquivalente pro Artikel gegenüber Neuware. Auch wenn Re-Commerce zusätzliche Transportwege verursacht und das Sparen von Geld wiederum zu mehr Konsum führen kann, fällt die Klimabilanz gebrauchter Waren im Vergleich deutlich positiver aus.

Rechtliche Hürden behindern Anbieter


Re-Commerce wird von den Unternehmen als strategisch wichtige Ergänzung zu ihrem klassischen Geschäft gesehen. Die Motivation reicht von ökologischer Überzeugung über wirtschaftliche Chancen bis hin zur Kundenbindung und Innovationsorientierung. Dem gegenüber stehen insbesondere rechtliche & regulatorische Hürden: Genannt werden von den Unternehmen unter anderem unklare Gewährleistungs- und Rückgaberechte für gebrauchte Ware, steuerliche Hürden, z.?B. bei Differenzbesteuerung und Wiederverkäufen, mangelnde Produktdaten (etwa Echtheitsnachweis bei Luxusprodukten) und unklare Verantwortlichkeiten von Plattformen (zum Beispiel Transparenz-, Kennzeichnungs- und Haftungspflichten).

?Re-Commerce wird von der Politik immer noch nicht als Teil der ökologischen Transformation gesehen und bei der Gesetzgebung zu selten mitbedacht. Ein politischer Rahmen, der Re-Commerce gezielt fördert, ist daher überfällig ? sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene?, fordert Daniela Bleimaier . Es gäbe viel zu tun: Unter anderem müsse das Vertrauen der Verbraucher in den Re-Commerce weiter gestärkt werden, etwa durch einheitliche Gütesiegel oder Zertifizierungsprogramme und transparente Angaben zur Herkunft und durchgeführten Wiederaufbereitungen. Die Mehrwertsteuer für Verbraucher auf wiederaufbereitete Produkte sollte reduziert und europaweit möglichst angeglichen werden. Digitale Produktpässe sollten zudem so gestaltet sein, dass alle Anbieter auf relevante Informationen zur Reparierbarkeit zugreifen und diese ergänzen können. Auch sollten offene Datenstandards für Produktinformationen, etwa zur Herkunft, Nutzungsdauer oder Reparierbarkeit eingeführt werden. Produktkennzeichnungsvorgaben und Begriffsdefinitionen für ?gebraucht?, ?refurbished? und ?recycelt? müssten rechtlich eindeutig geklärt und vereinheitlicht werden

Quelle der Zahlen ist die Studie 'Relevanz und Perspektiven des Re-Commerce für den deutschen Handel' (Download) des Bevh   ; erstellt wurde sie gemeinsam mit dem Institut für Handel und Internationales Marketing an der Universität des Saarlandes   und dem Ibi Research Institut   an der Universität Regensburg. Die Studie vermisst den Onlinehandel mit gebrauchten und wieder aufbereiteten Produkten aber auch Vintage-Artikeln in Deutschland, zeigt die ökologischen Potenziale und gibt Handlungsempfehlungen für bessere politische Rahmenbedingungen.
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