1-2-3.tv plant Ableger - Netz
23.02.2009 Im bislang erfolgreichsten Jahr seiner Firmengeschichte hat der Auktionssender 1-2-3.tv den Umsatz um 13 % auf 87,6 Mio. Euro gesteigert und damit RTL Shop/Channel21 vom dritten Platz verdrängt.
Besonders erfolgreich war das 4. Quartal, in dem 1-2-3.tv 24,1 Mio. Euro umsetzte und 34.500 neue Nutzer verzeichnete. Insgesamt stieg die Zahl der registrierten Auktionsteilnehmer von 638.000 auf 789.000. Obwohl mit Kabel Baden-Württemberg ein neuer Netzbetreiber 1-2-3.tv aufschaltet, erreicht der Auktionssender bislang erst jeden zweiten Haushalt in Deutschland.
Dennoch setzt Büchelhofer inzwischen nicht mehr auf die Kabelnetze als Wachstumsträger. Stattdessen will er im Internet investieren. In einem ausführlichen Gespräch erläuterte er dem Versandhausberater seine Strategie.Das Jahr 2007 hat im Teleshopping einiges gerüttelt: RTL Shop wird zu Channel21, derSchmuckkanal musste Insolvenz anmelden. Wie steht 1-2-3.tv im engeren und weiteren Wettbewerb?Im Auktionsbereich sind wir Marktführer - GemsTV nehmen wir nicht als Konkurrenz war. Eher orientieren wir uns an QVC und HSE24. RTL Shop, bzw. Channel21, haben wir ja inzwischen überholt.
In England hat sich der Umsatz von Sit-up unter 250 Mio. Pfund eingependelt. Welches Potentialsehen Sie für 1-2-3.tv?Die Sit-up LTD betreibt insgesamt drei Homeshopping Kanäle unter hervorragenden Marktbedingungen: Ein nahezu voll digitalisierter Markt (86%) und zudem ein geregelter EPG, das bedeutet, es gibt für jeden Sender eine eindeutige Kanalnummer und das Angebot kann mit dieser direkt beworben und für den Kunden aufgefunden werden.
Das Rahmenbedingungen, die zu einem sehr schnellen Wachstum in UK geführt haben. Allerdings ist UK nur nahezu halb so groß wie Deutschland und wir sehen ein starkes Wachstumspotential im Internet. Wir geben die Hoffnung also nicht auf, dass sich auch unser Marktpotential um die 300 Mio. € einpendelt.
Leider hat sich das digitale Kabelfernsehen in Deutschland nicht so schnell durchgesetzt, wie wir es bei unseren ursprünglichen Planungen angenommen hatten und so arbeiten wir zunächst noch daran, die 100 Mio. € Grenze zu knacken.
In diesem Zusammenhang darf man aber nicht übersehen, dass wir im vergangenen Sommer aus Kostengründen die Verbreitung über den analogen Satelliten gestoppt und zum Jahreswechsel das Premiere-Bouquet verlassen haben. Alles Maßnahmen, die in einem hoch digitalisierten, vernünftig regulierten Markt nicht notwendig gewesen wären.
Auch die Veränderung unseres Retourenmodells im letzten Quartal hat zunächst zu Umsatzreduktionen geführt, das Geschäftsmodell aber schließlich, aufgrund der niedrigeren Rücksendungen, profitabler gemacht. Wir legen seit einiger Zeit keinen Retourenschein mehr bei, so wie es andere große Versender wie Weltbild oder Amazon handhaben. Man muss diesen gesondert bei uns anfordern. Das Retourenrecht selbst schränken wir natürlich nicht ein und wir informieren hierüber klar und unmissverständlich.
Aufgrund dieser Kosteneinsparungen in Verbreitung und Logistik haben wir im letzten Quartal einen knapp siebenstelligen Gewinn erzielt. Übers ganze Jahr hat es zwar noch nicht für schwarze Zahlen gereicht, aber wir sind überzeugt, im Jahr 2009 den Break-even zu schaffen.
Welche Wachstums-Faktoren gibt es bei 1-2-3.tv: Höhere Verbreitung im Kabel (vs. Kosten?),größere Sortimentsbreite (vs. Airtime), Digitale Spartensender (vs. Reichweite), Internet, Shopping-Fenster?Als 1-2-3.tv können wir leider relativ wenig dazu beitragen, dass mehr Menschen digitales Kabel beziehen.
Das hat mit vielen Faktoren, unter anderen mit der Aufklärung der Endkunden, zu tun. Wenn man sich ansieht, wie groß heute TV-Bildschirme sind, ist es ein Wunder, wie viele Menschen noch immer mit schlechter Qualität bei annähernd gleichen Kosten analoges Kabel nutzen. Ich bin aber überzeugt, dass sich ab 2010 viel ändern wird, wenn auch die Öffentlich-Rechtlichen z.B. die WM hochauflösend ausstrahlen.
Zur Zeit erreichen wir etwas mehr als die Hälfte der deutschen Haushalte. Das bedeutet, wir könnten
die Reichweite und damit unser Umsatzpotential noch verdoppeln. Natürlich streben wir zudem eine höhere Sortimentsbreite an, um Stammkunden noch stärker zu binden. Die Netto-Umsätze unserer Kunde liegen im Jahresschnitt bei 340 Euro. Das ist sehr hoch, auch gegenüber dem Wettbewerb.
An Sendefenster bei großen Privatsendern sind wir übrigens immer interessiert. Wir haben diesbezüglich ja bereits sehr gute Erfahrungen mit Pro7 gemacht.
Wie regelmäßig kaufen die 1-2-3.tv-Kunden und wie verändert sich diese Kennzahl?Pro Jahr kauft ein Kunde im Schnitt 18 Mal bei uns ein. Um diese Dauer- und Stammkunden halten zu können, müssen wir ständig etwas Neues anbieten. Das führt zu häufigen Sortimentserweiterungen wie beispielsweise Pralinen zu Weihnachten oder bald Fahrrädern zum Frühlingsbeginn.
Mega/Vision und Bietbox haben bald aufgegeben. Ist nur Platz für einen großen Auktionssender?Eigentlich kann es immer mehrerer Anbieter gleichzeitig geben, wenn sie es gut machen. Bisher haben wir es offenbar besser gemacht, aber natürlich ist es auch ein Vorteil, Marktführer zu sein. Man darf nicht vergessen, dass Teleshopping ein sehr Fixkosten intensives Geschäft ist.
Sie haben die Verbreitung über Premiere Digital beendet. Vor einem Jahr führte die Verbreitung indiesem Bouquet noch zu Umsatzwachstum. Wie beurteilen Sie im Rückblick die Verbreitung im Pay-TV?Zunächst: Wir verbreiten unser Signal weiterhin bundesweit digital über Satelliten und Kabel. Daher war die Premierverbreitung für einen Großteil der Premierekunden eine Doppelverbreitung. Uns ging es vorwiegend darum, die direkte Endkundenbeziehung von Premiere zu ihren Kunden zu nutzen, um das Angebot von 1-2-3.tv zu bewerben. Das war eine hervorragende Zusammenarbeit. Irgendwann erreicht man aber einen Grenznutzen. Mehr Neukunden hätte man nur durch deutlich mehr Bewerbung erreichen können. Aufgrund der zusätzlichen Kosten der Doppelverbreitung ist es daher ab einem gewissen Punkt sinnvoll, die erreichten Kunden darauf aufmerksam zu machen, dass sie uns auch frei empfangen können. Dies ist uns gelungen und so haben wir einen Großteil der Premiere Kunden unter den Bestellern der letzten Wochen wieder gefunden.
Seit Januar kümmert sich ein Bereichsleiter um das Thema e-Commerce. Wo steht der Onlineshopheute und welche Rolle soll er zukünftig spielen?Im Internet erwarte ich erhebliches Umsatzpotential. Das Verkaufsformat der Auktionen ist dort bei
weitem noch nicht ausgeschöpft. Wir wollen uns hier noch besser positionieren und haben dafür einen
ehemaligen Online-Profi von Neckermann, Herrn Timo Schneider, engagiert. Aktuell liegt der
Online-Anteil der Bestellungen schon konstant über 20 %, Ziel sind 25 % übers gesamte Jahr und
mittelfristig wollen wir über 50 % Anteil kommen.
Nutzen die Kunden den Shop eher zum "Vorabbieten", zum Sofortkauf oder zur allgemeinenInformation?Interessanter Weise wird am häufigsten live mitgeboten. Etwas mehr als die Hälfte des Online-
Umsatzes beruht darauf. Der Live-Stream bietet die Spannung wie im Fernsehen, aber man hat
noch mehr Informationen, z.B. über Mitbietende oder die nächsten Artikel in der Angebotsfolge.
Außerdem sind wir in vielen analogen Kabelnetzen nicht die vollen 20 Stunden verbreitet, online aber jederzeit verfügbar.
Eigenständige Online-Auktionen neben dem Live-Stream sind bei 1-2-3.tv im Onlineshop nicht zufinden. Warum nicht?Wenn der Kunde im Internet offensichtlich so gerne bietet, werden wir künftig mehrere Channels parallel
im Web fahren. In diesem Jahr werden wir damit anfangen. Es ist z.B. gut möglich,
sortiments-spezifische Channels anzubieten. Das werden stets Live-Auktionen in kurzen
Mechanismen, aber ohne Moderator sein. Wir werden dort das Preissturz-Format einsetzen und
mehr als ein Produkt pro Auktion anbieten. Eine Multiplikation der Kanäle im Fernsehen, wie bei dem bereits eingangs erwähnten bid.tv in England, ist daher nicht nötig. Dazu ist die Breitbandnutzung in Deutschland inzwischen Gott sei Dank hoch genug. In England ist man diesen Weg gegangen, als das Internet weit weniger verbreitet war. Vielleicht würde man dort die Entscheidung heute auch anders treffen.
Zusätzlich gibt es Jaahh!, ein Liveshopping-Angebot. Das ganze läuft zwar auf der Plattform von1-2-3.tv, aber ohne Rückführung dahin. Was wollten Sie mit dem Liveshopping erreichen - und hatsich das rückblickend gelohnt?Letztendlich war Liveshopping sicher ein Trend, den wir alle höher eingeschätzt haben, als er dann
eingetreten ist. Immerhin haben wir hohe Synergien nutzen können. Für uns war es ein Experiment,
das sich auch kostenmäßig gerechnet hat. Aber Neukunden haben wir nicht in erwartetem Maß gewonnen. Es gibt einzelne Produkte, die verkaufen wir 160-170 Mal am Tag. Andere gehen wieder gar nicht. Das Produktrisiko ist also sehr hoch und ich möchte nicht darauf angewiesen sein, das als alleinstehendes Geschäftsmodell machen zu müssen.
Der Erfolg vom US-Vorläufer Woot! ist also nicht so leicht zu duplizieren. Dennoch: grundsätzlich hat es uns nicht geschadet und wir haben viel gelernt. Etwa, dass unser Kunden, was Kommentare und Community angeht, etwas verhaltener sind. Der Aufwand Jaahh! weiterzuführen ist gering. Wir werden die Plattform aber nicht weiter ausbauen.
Grundsätzlich gilt: Wenn in den Ausbau von 1-2-3.tv investiert wird, geht das jetzt zu 100 Prozent ins Web. Wir haben eine gute, sehr bekannte Marke. Es gibt also keine Veranlassung, weitere Marken mit viel Geld zu etablieren.
Seit 6. November gibt es bei 1-2-3.tv ein Weblog. Der Verweis auf der Homepage darauf fehlt, undes gibt auch erst 6 Einträge seitdem. Machen Sie nur mit oder gibt es eine "2.0-Strategie" bei1-2-3.tv?Nun bei dem Weblog handelt es sich um einen Unternehmensblog, der zugegebenermaßen erst am Anfang steht. Das Thema "Social Shopping" im engeren Sinne, worunter ich wechselseitigen Produktempfehlungen verstehe, lohnt sich eher für Plattformen und traditionell anbietende Onlineshops mit sehr breitem Produktangebot und Festpreisen. Wenn einer bei uns etwas empfehlen würde, wüssten wir ja nicht, wann es verfügbar ist und zu welchem Preis. Oft bekommen wir ein Produkt gar nicht mehr nach. Was weg ist, ist weg.
Das ist unser Ansatz, sehr Discount-orientiert und ohne Festsortiment. Allerdings unsere Produktkommentare sind sehr erfolgreich uns sogar in der Homepage aufgeführt.
Außer dem Livestream erscheint die 1-2-3.tv-Seite relativ statisch. Wird sich das ändern?Das Erscheinungsbild von 1-2-3.tv wird sich maßgeblich ändern wenn wir die oben beschriebenen Internetauktionen einführen. Wir haben schon heute Bewegtbilder in unseren Onlineshop integriert. Zur Zeit sind über 2000 Präsentationsvideos auf unserer Website abzurufen und es werden täglich mehr. Bewegtbilder sind insgesamt ein wichtiges Thema für den Onlinehandel. Hier haben wir deutlich mehr Möglichkeiten als beispielsweise Otto oder Quelle. Wir experimentieren nicht mehr mit dem Bewegtbild, es ist bereits ein fester Bestandteil unserer Website. Unsere Art zu produzieren, können sich mittelfristig nur Homeshoppingsender leisten - aufgrund der Synergien zur TV Produktion.
In welcher Form kooperieren Sie mit den bestehenden Versandhändlern? Unser Modell eignet sich bestens, Restposten bzw. Lagerüberhänge zu verkaufen. Wir verfügen über keine feste Sortimentsstruktur, können Einmalangebote abverkaufen und haben über das Bewegtbild bzw. der Produktpräsentation mit Models, die Chance, Produkte aufzuwerten, die in herkömmlichen Abverkaufswegen entweder zu niedrigen Preisen oder gar nicht verkäuflich sind. Zudem können wir in kurzer Zeit sehr hohe Mengen verkaufen, was vor allem bei saisonalen Artikeln von hohem Vorteil ist. Gerade im Bereich Mode holen wir daher 95 % unserer Angebote von etablierten Versandhändlern und sind offensichtlich in der Lage, höhere Einkaufspreise zu zahlen als andere "Abschleuswege". Es handelt sich also um eine Win-Win-Situation.
Bereits heute arbeiten wir daher intensiv mit acht der zehn größten Versender zusammen. Und genau da sehen wir künftig unsere Chance, im Internet auch kleineren Restmengen zu versteigern.
Wir planen auch mit Versandhändlern diesen Verkauf über Streckenversand durchzuführen, um weitere Kostensynergien zu heben. Wir sehen uns mittelfristig als Problemlösungspartner der gesamten Versandhandelsbranche - auch kleinerer Versender! Sozusagen der Putzerfisch im Riff der großen und kleinen Fische und damit ein wertvoller Teil des gesamten Versandhandelsökosystems!
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