Gemeinsam gegen Amazon: Die Strategie von Empiriecom
28.04.2015
Die Empiriecom-Geschäftsführer Ludger Vogt, Dirk Lauber und László Kovács
Fehlende Budgets: "Der deutsche E-Commerce hat ein strukturelles Problem"
neuhandeln.de: Wie sollen Händler aber dann künftig auf sich aufmerksam machen? Lauber: "Bislang war es im Versandhandel üblich, das Geschäftswachstum über Werbung zu befeuern. Online-Pureplayer wie Amazon gehen dagegen einen zusätzlichen Weg und wollen über Investitionen in Technik und Kundenservice ihre Kunden binden. Die Idee dahinter ist, dass Kunden so ein gutes Einkaufserlebnis geboten bekommen, dass sie ein Produkt erst gar nicht bei einem anderen Konkurrenten suchen und immer beim gleichen Anbieter einkaufen." neuhandeln.de: Also müssen es deutsche Online-Händler nur Amazon nachmachen? Lauber: "Sicher ist der Amazon-Ansatz eine hochinteressante strategische Option. Denn in der aktuellen Evolutionsphase des E-Commerce geht es darum, bestehende Angebote so zu optimieren, dass beim selben Aufwand mehr Ertrag übrig bleibt. Da sich Investitionen in Werbung zunehmend weniger rechnen, müssen Händler verstärkt in Technik investieren. Doch genau hier hat die deutsche E-Commerce-Branche ein strukturelles Problem. Denn Marktführer Amazon hat zum Beispiel im Jahr 2013 rund zehn Prozent seines Gesamtumsatzes in Technik und Prozessoptimierung investiert. Zum Vergleich: Der gesamte deutsche Online-Handel hat im Jahr 2013 etwa ein Umsatzvolumen von 33,3 Mrd. Euro netto erzielt - Amazon dagegen setzt alleine weltweit deutlich mehr um. Selbst wenn also alle Händler zusammen zehn Prozent des Umsatzes in Technik investiert hätte, wäre weniger Geld vorhanden gewesen als Amazon allein investiert hat. Dem einzelnen Händler stehen noch geringere Beträge zur Verfügung, um im Wettkampf mit Amazon überhaupt einmal gleichziehen zu können." neuhandeln.de: Und hier setzt das Geschäftsmodell von Empiriecom an? Lauber: "Wir betreuen bereits heute etwa 40 Online-Auftritte von Unternehmen der Otto Group, die wir ständig beobachten und verbessern und auf denen wir hunderte von Testserien fahren und so genau verstehen, welche Maßnahmen bei welchen Anbietern wie funktionieren. Dabei sehen wir nicht nur, wie sich zum Beispiel Online-Videos direkt auf die Abverkäufe auswirken. Wir können auch messen, wie sich diese Investitionen auf die Retourenquote auswirken. Einer klassischen E-Commerce-Agentur fehlen solche harten Erkenntnisse, aus denen sich Handlungsempfehlungen ableiten lassen." neuhandeln.de: Das klingt nach einem genossenschaftlichen Modell? Lauber: "Fest steht: Allein kann kein Händler die Investitionen stemmen, die Konkurrenten wie Amazon tätigen. Und die Marktführer setzen nun einmal die Standards, die Kunden dann von den Konkurrenten ebenfalls erwarten. Bei unserem Geschäftsmodell profitieren die teilnehmenden Händler, indem gemeinsamer und damit schnellerer Erkenntnisgewinn praktiziert wird und so in Summe höhere Mittel, ein Mehr an interessanten Fragestellungen und eine insgesamt stärkere Basis für eine wiedergewonnene Wettbewerbsfähigkeit entsteht."Konkurrenzdruck: "Händler sind alleine nicht mehr wettbewerbsfähig"
neuhandeln.de: Aber wollen das deutsche Shop-Betreiber überhaupt? Lauber: "Es gibt keine sinnvolle Alternative. Alleine sind einzelne Händler in einem immer komplexer und teurer werdenden Multichannel-Geschäft gegenüber den großen Marktteilnehmern wie Amazon & Co. nicht mehr wettbewerbsfähig. Die erforderlichen Investitionen in technologische und prozessuale Exzellenz und die notwendige Qualität und Weiterentwicklungsgeschwindigkeit können unterhalb einer kritischen Umsatzschwelle von etwa 1 Mrd. Euro im Jahr nicht mehr aufgebracht werden, ohne die Rentabilität der Geschäftsaktivitäten eines Unternehmens zu gefährden." neuhandeln.de: Und wenn Empiriecom alle Shops auf den neuesten Stand gebracht hat? Lauber: "Dann geht das Spiel von vorne los, weil in unserer Branche so eine Dynamik herrscht, dass immer wieder neue Trends aufkommen und andere Anwendungen wichtig werden. Dafür haben wir uns einen Innovations- und F&E-Ansatz erarbeitet, um alle Trends und Lösungen frühzeitig zu erkennen und auf ihre Geschäftsrelevanz bewerten zu können. Im Blick haben wir dabei das Konkurrenzumfeld und wesentliche Innovationsmärkte wie das Silicon Valley. Finden wir solche relevanten Lösungen, so fließen diese in unsere Testplanungen ein, werden beispielhaft bei einzelnen Mandanten erprobt und bieten so permanent weitere Verbesserungschancen. Auch das kostet viel Geld; mehr als einzelne Firmen aufbringen können." Die Baur-Tochter Empiriecom hat ihren Sitz in Burgkunstadt, wo neben dem Baur-Versand bereits das auf Logistik-Dienstleistungen spezialisierte Tochterunternehmen Baur Fulfillment Solutions angesiedelt ist. Insgesamt arbeiten derzeit über 100 feste sowie 50 freie Mitarbeiter für Empiriecom. Das Team betreut Online-Shops der Otto Group wie Quelle.de oder Universal . Schon gewusst? Jeden Freitag erscheint der kostenlose Newsletter von neuhandeln.de – so erhalten Sie alle Beiträge bequem in Ihr Postfach und verpassen keine Artikel mehr – hier geht’s zum Abo .Basis
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