Auslaufmodell Porto? Wo Gratisversand (k)ein Standard ist
22.01.2016
Acht der zehn größten Online-Shops berechnen ein Porto (Grafik: EHI/Statista)
Demnach liefern aktuell nur Apple und Zalando pauschal versandkostenfrei, während andere Marktteilnehmer immer ein Porto berechnen - zumindest bis zu einem Mindestbestellwert. Das ist übrigens auch bei Amazon der Fall, wo die Versandkosten bei Bestellungen unter einem Wert von 29 Euro generell mit einer Liefergebühr von drei Euro zu Buche schlagen. Allerdings können Kunden diese Versandgebühren reduzieren, wenn sie einmal im Jahr pauschal 49 Euro bezahlen und als Mitglied im Kundenprogramm Prime dann kostenlose Lieferungen erhalten. Das Prime-Programm sollten hierzulande einige Verbraucher nutzen - was wiederum Auswirkungen auf den ganzen Markt haben dürfte. Denn der Durchschnittskunde bestellt bei einem Universalversender wie Amazon.de wohl öfter als bei einer Marke wie Apple. Wer dann noch Prime-Mitglied von Amazon ist, dürfte eine Gratis-Lieferung gewohnt sein. "Amazon und Zalando haben Kunden an eine Versandkostenfreiheit gewöhnt", beobachtet Kai Hudetz (siehe Foto), Geschäftsführer vom Institut für Handelsforschung (IFH). Recht geben ihm seine eigenen Studien. So war nach einer Verbraucherbefragung seines Instituts bereits für 57,5 Prozent der kürzlich befragten Online-Shopper ihre letzte Bestellung portofrei, was den "Verwöhneffekt" verdeutliche (siehe Grafik unten). Die vielen kostenfreien Lieferungen würden aber dazu führen, dass Kunden die Lieferung an sich nicht mehr als wertig wahrnehmen - obwohl die Ware ja nach wie vor transportiert wird und dafür Kosten anfallen. Vor diesem Hintergrund ist es ein gefährliches Spiel, komplett auf Versandkosten zu verzichten. Händler könnten zwar die Versandspesen von vornherein in ihre Produkte einpreisen. Gerade bei vergleichbaren Artikeln wäre dann eventuell der Produktpreis beim Wettbewerb günstiger, so dass Kunden erst gar nicht bei einem Händler bestellen - trotz portofreier Lieferung. Besser als eine pauschale Gratis-Lieferung wäre daher ein Prime-Modell wie bei Amazon. So argumentiert jedenfalls Handelsforscher Hudetz. "Geschickt ist es, Lieferkosten auszuweisen, diese Kosten aber für seine Stammkunden zu übernehmen, wie es beispielsweise Amazon in Ansätzen mit seinem Prime-Programm macht", verdeutlicht er die Vorteile bei so einem Modell. "Der Wert der Leistung wird so weiter signalisiert und durch die Übernahme wird Kundenbindung betrieben." Handelsberater Palombo wiederum ist sogar der Meinung, dass Händler auch weiter an ihren Versandkosten festhalten können - allerdings nur, wenn sie exklusive Produkte anbieten, die der Kunde auch nur wirklich bei ihnen bekommt. Denn nur so kann kein Wettbewerber die gleichen Produkte plötzlich portofrei liefern und damit einen Anbieter unter Druck setzen.Jede zweite Bestellung wurde laut IFH zuletzt portofrei geliefert (Grafik: IFH Köln)
Ähnlich argumentiert die Versendergruppe Creatrade , die bei ihren Vertriebsmarken Conleys und Impressionen grundsätzlich immer Versandkosten bei allen Bestellungen berechnet. "Unsere Kunden verstehen das und akzeptieren das auch", erklärt ein Sprecher im Gespräch mit neuhandeln.de. "Für einen Fashion- und Lifestyle-Versender wie uns fallen ja nicht nur die Versandkosten zum Kunden an, sondern auch Kosten für Retouren, beispielsweise wenn mal ein Produkt nicht passt." Wenn der Kunde aber schon für den Versand bezahle, müsse auch die Lieferung einwandfrei sein. Dann sei der Kunde auch dazu bereit, ein Porto zu zahlen. Helfen dürfte der Creatrade-Gruppe, dass man auch hier immer wieder Produkte exklusiv führt. Das ist übrigens auch bei Polo der Fall, wo man unter anderem Eigenmarken verkauft. Dennoch verzichtet man nicht ganz auf Portogebühren. Denn geliefert wird seit diesem Jahr tatsächlich erstmals komplett portofrei - allerdings erst ab einem Bestellwert von 50 Euro. Wenn Kunden unter dieser Grenze liegen, müssen sie nach wie vor 4,95 Euro für die Versandkosten zahlen - wodurch Polo wiederum seine Bestellwerte erhöhen und dadurch effizienter arbeiten sollte.Abonnieren Sie unseren kostenlosen wöchentlichen Newsletter!